Ein Wochenende im Kloster:
Jugendausflug nach Cronschwitz
Zugegeben, etwas sonderbar war die Einladung schon, der 22 Jugendliche aus dem Kirchenbezirk Leipzig folgten: Ein Zeltwochenende auf dem Gelände des ehemaligen Klosters Cronschwitz. Umringt von den Mauerresten der Basilika konnten die jungen Teilnehmer nicht nur eine Abendandacht erleben, eine Bootstour mit Geocaching verknüpfen oder mal selber bei einer Ausgrabung mithelfen…
Am Freitagabend, den 10. Juni 2016 reisten die abenteuerlustigen Camper mit ihren Zelten und Schlafsäcken an und fanden auf der Wiese im ehemaligen Kreuzgang des Klosters Cronschwitz Platz für ihr Zeltdorf. Auf dem 778 Jahre alten Klostergelände stehen noch das Refektorium, das Gästehaus, das Pfarrhaus und das Kutscherhaus. Von der großen Basilika mit zwei Türmen, dem Kreuzgang und den weiteren Gebäuden sind noch Mauerreste zu erkennen. Ein besonderes Ambiente für gemütliche Stunden am Lagerfeuer. Genau jenes sollte auch bereits am Freitagabend aufflackern. Vorher besuchte die kleine Gruppe, zusammen mit einer Jugendgruppe der evangelischen Gemeinde eine Abendandacht im Offertorium, eingerichtet in einem Gewölbekeller. Der Raum konnte die Anwesenden nicht fassen, so dass einige im Nebenraum bleiben mussten, als der Lutheraner und Dorfpfarrer Christoff-Hasso Schulze die Andacht begann. Nach dieser halben Stunde gab es im Pfarrhof frische Pizza aus dem Steinofen. Gestärkt konnte die Gruppe den Erläuterungen von Klosterbesitzer Priester Andreas Martz während der Führung durch das Kloster lauschen. Dabei erfuhren die Jugendliche etwas über das Leben junger Adliger, scheidungswilliger Eheleute, die ein Leben mit Gott suchten, über ungewünschte Kinder, von Kreuzrittern und von Dr. Martin Luther, dessen Schwager übrigens der letzte Verwalter des Klosters war. So wurde am Lagerfeuer noch bis in die Nacht erzählt, bevor die ersten müde in die Schlafsäcke fielen.
Am Samstagmorgen trafen sich die unternehmenslustigen Camper am großen Frühstückstisch unter freiem Himmel, bevor sie zu einem besonderen Geocaching aufbrachen. Mehrere Rätsel und Suchpunkte mussten gefunden werden, eine großer Teil der Strecke mit einem Ruderboot überwältigt werden, bevor zum Schluss alle am Zielpunkt sicher eintrafen. Dabei stellte sich heraus, dass das Rudern mitunter schwieriger sein kann, als anfangs vermutet und eine Abkürzung nicht unbedingt auch der schnellste Weg sein muss. Von den Anstrengungen sichtlich gezeichnet, konnten sich die Jugendlichen auf eine stärkende Mahlzeit im Kloster freuen.
Am Samstagnachmittag war der ersehnte Moment gekommen einmal selber bei einer Ausgrabung auf dem Gelände mitzuhelfen. Klostereigentümer Andreas machte es den jungen Forschern zuvor schmackhaft zu graben, indem er von den vielen Entdeckungen berichtete. In zwei Gruppen aufgeteilt hieß es nun vorsichtig und bedacht alte Steine und zugewachsene Mauerreste freizulegen. Die Forschergruppe „Altar“ legte mit Feingefühl den ehemaligen Laienaltar frei und blickte ab und an etwas fragwürdig auf die Gruppe „Beinhaus“, die auch mal mit einer Schaufel Erde wegschaffen musste. Ein großes Raunen ging durch die Teilnehmer, als Kai auf einen Schädel stieß. Mit viel Vorsicht legte man nun weitere Schädel und Knochen frei. Wie sich herausstellte, handelte es sich beim Grabungsort um ein altes Beinhaus, ein Grab für mehrere Verstorbene. Natürlich wurde nun viel gerätselt, warum viele Menschen auf sehr engen Raum bestattet worden und wer sie wohl gewesen waren. Andreas Martz konnte aufklären, dass es sich zumindest bei einer der freigelegten Personen um eine sehr junge Frau, um die 20 Jahre alt, gehandelt haben muss – dies ließ sich anhand des Schädels und der Zähne herleiten. Nachdem das Grab zum Teil freigelegt wurde, erhielt es eine Abdeckung, damit das Denkmalamt und die Archäologen zur weiteren Analyse die Ausgrabung gut erhalten vorfinden können.
Der frühe Abend war nun durch Sport und Spiel geprägt, bevor es nach einem gemeinschaftlichen Grillen zur Abendandacht ging. Dazu wurde der Altarraum der ehemaligen Basilika mit vielen Kerzen hergerichtet. Die Gedanken zur Andacht aus Lukas 8, 18 bezogen sich auch auf das am Wochenende und bei der Ausgrabung erlebte. Tief bewegt feierten die Jugendlichen ein besonderes Agape-Mahl bevor die Andacht mit gemeinsamen Fürbittgebeten, Segen und Gesang beendet wurde. Anschließend saß man noch lange im Kerzenschein zusammen, mancher Gedanke wurde bewegt und Trost und Hoffnung gespendet. Der Abend klang so erst nach Mitternacht am Lagerfeuer aus.
Am Sonntagmorgen musste manch verschlafenes Gesicht erst einmal munter werden. Nach einem stärkenden Frühstück fuhr die Gruppe zum Gottesdienst in die Neuapostolische Kirche nach Gera. Dort trugen die Klosterfreunde nach Abschluss des Gottesdienstes das am Wochenende spontan eingeübte Lied „Meinen Frieden geb‘ ich euch“ der Gemeinde vor, die von dem Besuch der Jugendlichen freudig überrascht war. Auf dem Heimweg zu den Zelten legte man an einem Erdbeerfeld einen spontanen Stopp ein. Für die meisten war es sicher das erste Mal, im Anzug, Rock oder Kleid Erdbeeren zu pflücken. Dennoch kamen rund zehn Kilogramm zusammen, die im Anschluss gemeinschaftlich geputzt und eingezuckert worden. Nach dem Mittagessen und einer kleinen Mittagsruhe mussten die Zelte wieder abgebrochen und sich schweren Herzens vom Kloster und den Freunden verabschiedet werden.
Großen Dank gilt dem Klostervater Andreas und seiner Frau Evelyn, die nicht nur das Gelände zur Verfügung stellten, sondern sich auch um Verpflegung, allerlei Gespräche und manch eine Aktivität kümmerten.
Video vom Paddeln: https://www.youtube.com/watch?v=pk474OBxjXk