Christliche Werte in der Politik

Unter dieser Überschrift hatte die Studentengemeinde Halle (Saale) zu einem Vortrag mit anschließender Diskussion eingeladen. Mit dem Landtagsabgeordneten Bernhard Bönisch konnte ein interessanter Gast für diesen Abend gewonnen werden. Das Interesse der Teilnehmer an diesem Gedankenaustausch war groß.

Teil der Diskussionsrunde
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Teil der Diskussionsrunde

Über die Politik in Deutschland wird bekanntlich viel gesagt - die Aussage, dass dort auch christliche Werte ihren Platz hätten, dürfte allerdings nicht unter den Top 3 zu finden sein. Umso spannender war es für die Teilnehmer des personell stark ökumenisch besetzten Abends, einmal mit einem Praktiker zu erörtern, welche Bedeutung den christlichen Werten im frühen 21. Jahrhundert in der Politik noch zukommt. Immerhin steht Gott ganz vorne im Grundgesetz - nämlich in der Präambel - und etwa jeder dritte Wähler gibt einer Partei mit dem berühmten "C" in der Bezeichnung seine Stimme.

In seinem Impulsvortrag erinnerte Bernhard Bönisch, der für die CDU im Landtag von Sachsen-Anhalt sitzt und deren Fraktionsvorsitzender im Stadtrat von Halle er ist, zunächst daran, dass die Christen sich in den ostdeutschen Bundesländern in einer Diasporasituation befinden. In manchen Großstädten liegt der Bevölkerungsanteil der Kirchenangehörigen unter zehn Prozent. Bönisch erklärte dazu, dass es Aufgabe einer politischen Partei sei, auch diejenigen zu integrieren, die zwar das Leitbild von "Freiheit in Verantwortung" teilten, nicht aber den christlichen Glauben selbst. Das Leitbild des freien, aber verantwortlichen Menschen hat dabei starke Wurzeln im Evangelium, das eine Botschaft der Freiheit ist, und in der katholischen Soziallehre - aus der beispielsweise der Gedanke der Subsidiarität stammt, der das Verhältnis von Bürger und Staat prägt.

Aus seiner eigenen Biographie konnte der CDU-Politiker bemerkenswerte Aspekte beisteuern. So berichtete er von Bestechungsversuchen, um Entscheidungen in bestimmte Richtungen zu lenken. Er leitete daraus ab, dass gerade Ehrlichkeit für einen christlich geprägten Politiker sehr wichtig sei, vielleicht besonders deshalb, weil Ehrlichkeit nicht zu den häufigsten Attributen zähle, die Politikern zugeordnet würden. Eine kleine Anekdote aus der Jugendzeit Bönisch's darf hier auch erwähnt werden: In seiner Funktion als Freundschaftsratsvorsitzender an seiner Schule hatte er in der Zeit der sozialistischen Diktatur seine ganzen Ratsmitglieder mit in die katholische Kirche genommen. Seine Zeit als Vorsitzender dieses Gremiums war damit zu Ende. Aber das Interesse an der Politik war wohl unwiderruflich geweckt.

An der mitunter recht lebhaften Debatte, die über eineinhalb Stunden dauerte, hatten schließlich alle Teilnehmer viel Freude. Ein Diskussionsteilnehmer erinnerte an die Debatte über die Präimplantationsdiagnostik, die erst Ende 2010 für spannende Auseinandersetzungen gesorgt hatte und sehr stark von christlichen Vorstellungen über den Schutz ungeborener Kinder und die Würde des Menschen geprägt war. Ein heftig umstrittener Diskussionspunkt des Abends in Halle war zudem das Spannungsverhältnis, das zwischen dem fürsorgenden, manchmal gar bevormundenden Sozialstaat einerseits und den christlichen Idealen von Freiheit und Eigenverantwortung andererseits besteht.

Insgesamt ein erkenntnisreicher Abend, mit viel Spaß an der kultivierten Auseinandersetzung, der aber auch gezeigt hat, wie wichtig der aktive Dialog zwischen mündigen Christen sowie den Kirchen und der Politik ist, wenn dort christliche Wertvorstellungen in Zukunft weiter Berücksichtigung finden sollen.